In dieser Woche wurde am 11. Februar der jährlich wiederkehrende „Welttag der Kranken“ zum 33. Mal von der katholischen Kirche begangen. Er wurde 1992 von Papst Johannes Paul II. initiiert und soll an die Kranken, Alten und Gebrechlichen erinnern, die mitten unter uns leben, teils bekannt und besucht und unterstützt. Viele der Betroffenen leiden aber auch unter Einsamkeit, fühlen sich verlassen und werden nicht gesehen. Papst Franziskus veröffentliche anlässlich dieses Gedenktages eine Botschaft in der er darauf hinweist, dass Orte des Leidens auch Orte des Teilens, der Hoffnung und der gegenseitigen Bereicherung sind. Ein Beispiel dieser gegenseitigen Bereicherung lässt sich dieser Tage aus Höchstadt berichten und erzählt von einem Mitbürger, der trotz seines hohen Alters und diverser Krankheiten sich nicht unterkriegen lässt und noch Freude und Zufriedenheit ausstrahlt:
Sein Tatort ist die alte Aischbrücke aus dem 14. Jahrhundert in Höchstadt. Stiller Zeuge ist der Heilige Nepomuk, gehauen aus Sandstein. Gleich parallel dazu überqueren geschätzt täglich mehrere Tausend Autos die neuere Betonbrücke, dazu kommen noch Fahrradfahrer und hin und wieder Fußgänger. In aller Geschäftigkeit dürften die Wenigsten etwas von dem mitbekommen haben, was seit mehreren Tagen hinweg auf der alten Brücke vor sich geht. Auf einer Gehhilfe sitzend, den Oberkörper tief nach unten in Richtung Kopfsteinpflaster gebeugt, ist immer wieder über Tage hinweg ein älterer Mann anzutreffen. Ein großes Schild, angebracht auf dem Rollator, zeigt, welchem nahegelegenen Seniorenheim die Gehhilfe und die namentlich genannte männliche Person zugehörig ist, für Notfälle sozusagen. Aber der 89 jährige Josef Schmitt ist kein Notfall, er braucht keine Hilfe, er hilft selbst. In tagelanger Feinarbeit kratzt er bei Temperaturen um den Nullpunkt mit einem langen Schuhlöffel aus Metall den Dreck und den Bewuchs aus den Fugen des Kopfsteinpflasters. Mit einem kleinen Handbesen kehrt er anschließend Schmutz und vom Herbst übergebliebenes Laub zusammen und führt das an anderer Stelle der Natur wieder zu. Die Kolpingsfamilie Höchstadt durfte von Josef Schmitt ein Foto machen und ihn bei einem Treffen für die Zeitung interviewen.
Kolping: „Herr Schmitt, warum tun Sie das, was motiviert Sie dazu?“
Herr Schmitt: „Mit meiner Familie war ich immer wieder wandern oder spazieren gehen. Ich liebe die Natur, sie liegt mir sehr am Herzen. Jetzt möchte ich die Freizeit, die ich habe, nutzen und etwas zurückgeben.“
Kolping: „Sie strahlen große Freude und Zufriedenheit aus. Was gibt Ihnen diese Freude?“
Herr Schmitt: „Ich war immer glücklich, in allen Lagen.“
Kolping: „Sie haben mir von Ihrem Schlaganfall erzählt, den Sie vor wenigen Jahren bekommen haben. Wie geht es Ihnen heute damit?“
Herr Schmitt: „Im Jahre 2021 ist meine liebe Frau Helga verstorben. Mit ihr war ich fast 60 Jahre verheiratet. Der Schlaganfall kam im selben Jahr. Ich hatte da zwei bis drei Jahre hart zu kämpfen, dann war ich wieder in der Reihe.“
Kolping: „Sie wohnen seit vier Jahren in Höchstadt. Wo haben Sie vorher gewohnt und was haben Sie früher gemacht?“
Herr Schmitt: „Ich komme aus Unterfranken, aus Großblankenbach in der Nähe von Aschaffenburg. Meine Frau lernte ich in Frankfurt kennen und wir wohnten bis 2021 in Heusenstamm bei Offenbach/Main. Seit meinem Schlaganfall bin ich nach Höchstadt ins St. Anna Seniorenheim gezogen, in die Nähe meiner Tochter.“
Kolping: „Was würden Sie sich für die Gesellschaft wünschen und was für sich selbst?“
Herr Schmitt: „Ich würde der Gesellschaft wünschen, dass alle glücklich sind. Und von dem Glück möchte ich weitergeben. Ich selbst möchte für die Zeit, die ich noch habe, ebenso glücklich sein.“
Kolping: „Was tun Sie, wenn Sie die Brücke vom Dreck befreit haben. Was haben Sie als nächstes vor?“
Herr Schmitt: „Ich werde sehr viel spazieren gehen und dann werde ich sehen was kommt.“
Kolping: „Herr Schmitt, für das was Sie tun haben Sie unsere tiefe Wertschätzung. Vielen Dank für das Interview und Ihnen von Herzen noch alles Gute!“
Im Anschluss an das Interview teilte uns Tochter Petra Koch aus Höchstadt über ihren Vater folgendes mit: „Er war zeitlebens mit großer Leidenschaft aktiv und pflegte seine Freundschaften. In Heusenstamm war er Mitglied im Kirchenchor und in der Kirchengemeinde immer bereit, anderen zu helfen. Am liebsten reparierte oder konstruierte und baute er etwas. Am Nikolausmarkt übernahm er bei der Kolpingsfamilie Standdienste. Große Freude machte ihm die Gruppe der Wanderfreunde mit den vielen Ausflügen, Urlauben und Hüttenübernachtungen. Aufopferungsvoll kümmerte er sich viele Jahre um seine gehbehinderte Frau. Auch heute noch liebt er das Spazierengehen oder Irgendetwas sauber zu halten.“ Herr Schmitt hat zwei Enkelkinder und eine Urenkelin im Alter von 6 Monaten.
Text und Interview: Wilfried Stocklassa (Kolpingsfamilie)